Das Kolleg, die große Anlage der ehemaligen Benediktinerabtei mit den zwei quadratischen Innenhöfen und dem Blasiusdom als Herzstück, ist das bedeutendste Bauwerk im engen Tal des Städtchens St. Blasien. Aber auch in unmittelbarer Nachbarschaft gibt es mehrere Gebäude, Plätze und auch Besonderheiten, die ihre eigene, ebenfalls hoch interessante Geschichte haben. Wir wollen immer wieder in lockerer Folge auf unserer Website eines dieser Schmuckstücke vorstellen. Die Geschichten hat Claus-Peter Hilger verfasst, langjähriger Redaktionsleiter des Schwarzwälder Boten in St. Blasien. Für seine Erforschung der Geschichte St. Blasiens, insbesondere die „volksnahe Aufbereitung“, wurde ihm 1997 der Fürstabt-Gerbert-Preis der Stadt St. Blasien verliehen.
Warum eigentlich:
Hier wurde Wachs und später Garn gebleicht - Haus für den Musikunterricht in Planung
Von Claus-Peter Hilger (im November 2004)
St. Blasien. „Die Bleiche“ heißt das winkelförmige Gebäude hinter der Klosteranlage von St. Blasien gleich neben der neuen Pater-Alfred-Delp-Halle. Dieses Gebäude ist wohl in das Jahr 1742 zu terminieren, als Ignatius Gumpp, Pater und Architekt am Kloster St. Blasien, schrieb: „Weiters ist auch der Conventgarten, die wax Bleiche, die gantze Ring.Mauer herumb, die Steinerne Bruggen contunuiert, doch nit ausgemacht worden“.
Nicht der, bis dahin am Neubau des Klosters tätige Architekt Beer von Blaichten sei hier tätig gewesen, sondern der Steinhauer Thomas Wolf aus Boll.
In der Legende zu einem Schaubild, das das Kloster vor dem Brand von 1768 zeigt, ist zu dem Gebäude zu lesen: „Das Gebäu zur Wachsmacherei“ und in einem Plan mit dem wieder aufgebauten Kloster und der neuen Kuppelkirche steht dann: „Die Wachs macherey“ und „die Wax bleiche“.
Es ist schon anzunehmen, dass im Kloster die vielen Kerzen für die Kirche und die Kapellen selbst gezogen wurden und dass hier, mit welcher Technik auch immer, naturfarbenes Bienenwachs zu weißem Kerzenwachs gebleicht wurde.
In der nachklösterlichen Zeit erwirbt der Fabrikherrr David Seeligmann/von Eichtal die Bleiche und lässt das einstöckige Gebäude um ein Stockwerk erhöhen. Zur Spinnerei, die er im Klostergebäude betreibt, richtet er hier eine Garnbleiche ein. Das Haus bleibt also „Bleiche“, statt Wachs jetzt Garn.
Ab 1840 befinden sich Arbeiterwohnungen in der Bleiche, und Wohnhaus bleibt das Haus auch bis in unsere Zeit. Angestellte des Kollegs bewohnen das Haus für viele Jahre.
Jetzt steht die Bleiche leer, und es gibt neue Pläne für das alte Haus: es könnte zum Musikhaus des Kollegs werden. Sobald die finanzielle Frage gelöst ist, sollen Räume für den Musikunterricht eingebaut werden, auch Zimmer für die verschiedenen Instrumental-Unterrichte, wie sie am Kolleg in großer Vielzahl geboten werden.
Ein Neubau unter historischem Deckmantel - Haus mit langer und wechselvoller Geschichte
Von Claus-Peter Hilger
St. Blasien. Auf einem Plan der Klosteranlage vor dem großen Brand von 1768 ist das Gebäude als „Herr Doctores sein Wohnung“ genannt, zu einem etwas älteren Plan ist dann zu lesen: „Ein Gebäu, welches zur Schuel oder zu einem Furchtkasten gemacht werden kann“. Heute ist an dem Haus hinter der Klosteranlage, gegenüber dem Mittelturm des Südflügels, eine Tafel angebracht, das es als „Pater Alois-Grimm-Haus“ ausweist.
Für viele alte „Bläsmer“ ist das Gebäude immer noch das „alte Forsthaus“, weitere Bezeichnungen sind Bagnatobau oder Patreshaus. Kaum ein anderes Gebäude in St. Blasien wechselte die Nutzung und die Bezeichnung so oft, und dabei ist es, recht besehen, doch ein sehr junger Neubau, allerdings unter historischem Deckmantel.
An der Fassade des dreigeschossigen Hauses stehen die Jahreszahlen MDCCLI und MCMLXXX und geben weitere Rätsel auf.
Das Haus am Tuskulumweg gehört zu den Bauten im Umfeld der Klosteranlage, die der Architekt Johann Caspar Bagnato unter Fürstabt Meinrad Troger errichtete. Im Jahre 1754 wurden dem Architekten 1500 Gulden ausbezahlt für Arbeiten „vor das gebey, das ehemals das Chornhaus war“. Beim Brand 1768 wurde auch dieses Haus zerstört und dann wieder aufgebaut.
Bei Aufhebung des Klosters 1806 ist festgehalten, dass im Hause die Klosterkanonen und die Feuerspritzen stünden. In den Obergeschossen war das Rentamt untergebracht, und auch der Pfarrer wohnte hier, während im heutigen Pfarrhaus am Kurgarten der Forstmeister seine Wohnung hatte. Im Jahre 1820 wurde getauscht, und somit wurde unser Gebäude zum Forsthaus. Dazu gehörte auch ein südlich stehendes Stallgebäude und rückwärtig, auf dem Grundstück der heutigen Umgehungsstraße, ein Haus, das „ehemalige Küferei“ genannt war.
Viele Jahre war hier dann das Badische Forstamt untergebracht, weiter gab es hier Wohnungen für Landesbeamte. Im Jahre 1934 errichtete das Land Baden das neue Forstamt am Weißensteinweg, am 3. Oktober 1942 verkaufte der Badische Landesfiskus das „alte Forsthaus“ an die Stadt St. Blasien. Städtische Wohnungen wurden eingerichtet und vielen Familien bot das alte Haus Heimat.
Im Jahre 1966 wurde ein Tauschvertrag geschrieben, die Oberdeutsche Provinz der Jesuiten, seit 1934 Eigentümer der Klosteranlage, übergab der Stadt St. Blasien die so genannte Klosterwiese zwischen Sportplatz und Kugelrain, die Jesuiten wurden Eigentümer des alten Forsthauses. An der Nutzung des Gebäudes als Wohnhaus änderte sich nichts.
Als nach dem Klosterbrand vom 27. Mai 1977 das Umfeld des Kollegs neu gestaltet wurde, war vorgesehen, das alte Forsthaus abzubrechen. Zu sehr hatte der Zahn der Zeit an dem Haus genagt, das Dach war kaputt, und lange Zeit lief der Regen in das Haus. Zunächst erfolgreich, wehrte sich die Denkmalspflege gegen einen Abbruch, man einigte sich, das Haus zu „entkernen“ und in die alten Mauern einen Neubau zu setzen. Die Außenmauern hielten jedoch dem Versuch, das Bagnatohaus, wie das Haus jetzt genannt wurde, auszuhöhlen, nicht stand, sie stürzten ein. So entstand ein völliger Neubau, äußerlich nach den Plänen von Johann Caspar Bagnato. Der heutige Betrachter merkt es nicht, dass sich in der Reihe der historischen Gebäude hinter dem Kloster ein Neubau befindet.
In dem Gebäude wurden Wohnungen für die Jesuitenpatres geschaffen, auch altengerechte Wohnungen für betagte Ordensmitglieder. „Patresbau“ wurde so die nächste Bezeichnung.
Längst braucht die Jesuitenkommunität nicht mehr alle Räume, ein Teil des Hauses wurde dem, immer größer werdenden, Internat zugeschlagen. Mit einer erneuten Namensgebung wurde Pater Alois Grimm SJ (1886 – 1944) geehrt, der von 1934 bis 1939 zu den Lehrern am Kolleg St. Blasien gehörte und am 16. September 1944 im Gefängnis Brandenburg-Görden von den Nazis ermordet wurde. Das Urteil des Volksgerichtshofes, unter Roland Freisler, vom 12. August 1944 lautete auf „Defaitismus und Wehrkraftzersetzung“. Mit „Defaitismus“ wurden Äußerungen über die Aussichtslosigkeit des Krieges und das Bestehen des „Tausendjährigen Reiches“ bezeichnet.
Von der Klosterpfisterei zum Mädcheninternat - Mühlrad betrieb später auch Spinnereimaschinen
Von Claus-Peter Hilger
St. Blasien. „Der Neubau bildet im Grundriß einen rechten Winkel und besteht aus dem dreigeschossigen, in Ost-West-Richtung verlaufenden Hauptbau, der Pfisterei, an dessen Rückseite sich, dem Blick vom Konvent entzogen, die Mühle anfügt, beides mit Walmdächern versehen.“ So wird der Bau beschrieben, zu dem Fürstabt Meinrad Troger (1749 – 1764) im Jahre 1750 dem Baumeister Johann Kaspar Bagnato den Auftrag gab. Baumeister Bagnato erhielt für seine Arbeit 3750 Gulden.
Im Blick vom Klosterportal her war die Pfisterei zu sehen, die Mühle dahinter geschickt versteckt. Selbst das Mühlrad drehte sich im Inneren des Gebäudes, um die Zweckbestimmung des Hauses nicht in Erscheinung treten zu lassen.
Um den Bau am Steinenbach zu verwirklichen, musste ein altes, baufällig gewordenes Gebäude mit gleicher Nutzung abgebrochen werden.
Die „Pfisterei“ genannte Bäckerei des Klosters und die angeschlossene Mühle wurden beim Brand 1768 zerstört, aber als erster der Neubauten in voller Größe wieder aufgebaut. Bis auf einige Veränderungen an der Front steht der Bau heute noch wie im Jahr der ersten Fertigstellung 1751.
„Die Mühle“ wird in der Stadt St. Blasien der wuchtige Bau genannt, der im Winkel zwischen Umgehungsstraße und Steinenbach steht und seit 1989 das Mädcheninternat „Edith-Stein-Haus“ beherbergt.
Nach Aufhebung des Klosters wurde das Haus an die Industriellen verpachtet, die sich auch im Klostergebäude niedergelassen hatten. Während der 23jährige Schweizer Mechaniker Caspar Bodmer sich 1809 im Kloster mit einer Maschinenfabrik niederließ, richtete sich 1810 Heinrich Düggli, ebenfalls aus der Schweiz mit einer Waffenfabrik ein. Bodmer fertigte Baumwollspinn- und Webmaschinen. Als 1811 der Bankier Seeligmann, der sich später Freiherr von Eichtal nannte, in das Unternehmen einstieg, wurde in der ehemaligen Klostermühle eine Spinnerei eingerichtet.
In der Maschinenfabrik gab es im Jahre 1812 bereits 154 Beschäftigte. Weiter gab es 36 Lehrlinge, die in ihrer Freizeit beim Fabrikschreiber Unterricht in Religion und Zeichnen bekamen. In der Spinnerei in der ehemaligen Klostermühle arbeiteten 100 Kinder, die 15 Kreuzer am Tag bekamen.
Das Wasserrad der ehemaligen Mühle betrieb jetzt die Spinnereimaschinen, später wurde eine Turbine eingebaut.
Im Jahre 1868 wurde die Spinnerei in der Mühle aufgehoben, das Gebäude als Arbeiterwohnhaus umgebaut.
So war das Haus auch noch genutzt, als es der Jesuitenorden 1933 zusammen mit der Klosteranlage erwarb. Noch viele Jahre lebten hier ehemalige „Fabrikler“ und ihre Nachkommen, zahlreiche Personen hatten hier einfache Wohnungen. Nach und nach zogen dann auch Kollegs-Bedienstete in die Mühle ein, bis das Haus dann ab 1983 umgeplant und „entkernt“ wurde; nur die Außenmauern blieben stehen.
Im Kollegsbrief 1989 konnte Kollegsdirektor Pater Walter Happel SJ schreiben: „Eine Besonderheit in der Geschichte des Kollegs ist die Eröffnung des neuen Mädcheninternates im Edith-Stein-Haus, der ehemaligen Alten Mühle.“