Von Norman O'Neal SJ, Wolfgang Felber SJ (Übersetzung)
Kurzbiographie des Igantius von Loyola
- geboren 1491 in Azpeitia (Baskenland)
- verbringt seine Jugend als Ritter im Dienst des Vizekönigs von Navarra
- bei der Belagerung der Festung Pamplona durch die Franzosen 1521 schwer verwundet
- auf dem Krankenlager erlebt er seine Bekehrung
- als Pilger unterwegs nach Barcelona macht er in Manresa die innige Erfahrung Gottes
- kehrt mit 33 Jahren zurück auf die Schulbank und studiert Theologie
- in Paris legt er gemeinsam mit sechs Gefährten Gelübde ab
- die Männer stellen sich in Rom dem Papst zur Verfügung
- 1540 erfolgt die päpstliche Bestätigung der Gesellschaft Jesu
- die letzten Jahre seines Lebens leitet Ignatius den schnell wachsenden Orden
- die Jesuiten gründen die ersten Schulen
- im Sommer 1556 wird Ignatius von einer schweren Krankheit befallen
- gestorben am 31. Juli 1556 in Rom
Seine Jugend
Ignatius von Loyola wurde 1491 in Azpeitia in der Baskischen Provinz Guipuzcoa im Norden Spaniens geboren. Die Eltern gaben ihm den Namen "Inigo". Er war das jüngste von dreizehn Kindern. Im Alter von etwa dreizehn Jahren kam er als Page an den Hof von J. V. De Cullar, zu Juan Vel Ezquez, dem Schatzmeister des Königreiches von Kastilien. Damit hatte er auch Zugang zu Bildung und gesellschaftlichem Leben am königlichen Hof. Er war ein leidenschaftlicher Spieler, hatte ein Auge für schöne Frauen und kämpfte gerne mit dem Schwert. Bei einem Streit zwischen der Familie der Loyolas und einer anderen Familie kam es zu einer handfesten Auseinandersetzung. Inigo, sein Bruder, und einige Verwandte lauerten in der Dunkelheit Angehörigen der anderen Familie auf und verprügelten sie. Diese Angehörigen waren Kleriker... Darauf musste Inigo die Stadt fluchtartig verlassen. Als die Angelegenheit doch vor Gericht kam, stützte er sich in der Verteidigung auf die eigene Immunität als Kleriker. Er behauptete, dass er als Junge die Tonsur erhalten hatte und so von der zivilen Rechtsprechung nicht belangt werden konnte. Diese Verteidigung hielt nicht stand, weil er schon seit einigen Jahren in einer gepanzerten Ritterrüstung mit Kettenrock, Schwert und mit anderen Waffen umherlief. Sein Aussehen und seine Kleidung waren alles andere als die eines Klerikers. Die Sache zog sich über Wochen hin und die Loyolas ließen ihre Verbindungen spielen. Schließlich wurde der Fall gegen Inigo durch den Einfluß höherer Stellen beendet.
Mit 26 Jahren trat er in den Dienst des kastilischen Vizekönigs zu Navarra und war mit politisch-militärischen Aufgaben betraut. Im Alter von dreißig Jahren, im Mai 1521, war Inigo als Offizier bei der Verteidigung der Festung von Pamplona gegen die Franzosen dabei. Pamplona war die treibende Kraft des Widerstandes gegen die französische Herrschaft. Die spanischen Soldaten waren zahlenmäßig stark unterlegen, und ihre Situation war aussichtslos. Der spanische Kommandant wollte sich ergeben, doch Ignatius versuchte ihn umzustimmen: "Wenn wir schon nicht siegen, so retten wir wenigstens die Ehre Spaniens." Die Franzosen beschossen die Festung, und Inigo wurde am Bein verletzt. Der französische Kommandant war vermutlich vom Draufgängertum Inigos beeindruckt, denn er ließ ihn von Soldaten auf einer Bahre in die Heimat auf Schloß Loyola bringen, anstatt ihn in Kriegsgefangenschaft zu nehmen. Sein Bein wurde verarztet, doch es heilte nicht. Die Knochen wuchsen nicht richtig zusammen, so daß das Bein noch einmal gebrochen werden mußte - ohne Betäubung. Es ging ihm immer schlechter und die Ärzte gaben ihm kaum Überlebenschancen. Aber am Fest von Peter und Paul wurde sein Zustand wieder besser. Das Bein heilte, aber unter dem Knie stand ein Stück Knochen vor und dadurch war ein Bein etwas kürzer als das andere. Das störte Inigo sehr, und lieber wäre er gestorben, als mit dieser Entstellung weiterleben zu müssen. Wie sollte er so die höfischen Stiefel und Beinkleider tragen? Er wollte, dass die Ärzte das hässliche Knochenstück abschneiden und das Bein so lange strecken, bis es wieder so lang wie das andere war. Das ging aber nicht gut, und Inigo hatte von nun an ein leichtes Humpeln in seinem Gang.
Die Bekehrung
Während seiner Genesung war ihm langweilig, und er wollte einen Ritter- oder Liebesroman lesen. Stattdessen fand er ein Buch über Heilige und eines über das Leben Jesu, und er begann draufloszulesen. Je mehr er las, umso besser gefiel es ihm. Oft träumte er auch nur so in den Tag hinein, und er stellte sich vor, wie es ist, wenn man berühmt und erfolgreich wird. Auch träumte er von einer schönen, reichen Frau und malte sich aus, wie er sie erobert. Wenn er etwas über die Heiligen oder über Jesus las, war er ruhig und zufrieden. Nach seinen langen Tagträumen fühlte er sich aber unruhig und unzufrieden. Dieser Unterschied ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Später nannte er ihn die "Unterscheidung der Geister". Nach dieser Entdeckung und nachdem er wieder halbwegs gesund war, verließ er das Schloß im März 1522. Er wollte nach Jerusalem gehen und dort leben, wo Jesus gelebt hat. Zunächst ging er nach Barcelona. Sein Leben hatte sich zwar verändert, aber er wusste noch nicht recht, wie er als wirklicher Christ leben sollte. Auf dem Weg nach Barcelona traf er einen Mann. Beide ritten auf einem Esel, und sie redeten über religiöse Dinge. Der Mann behauptete, dass die Mutter Gottes keine Jungfrau war. Ignatius war beleidigt und ärgerte sich so sehr, dass er sich nur mit Mühe beherrschen konnte. Sie kamen an eine Weggabelung, und der Mann zweigte nach rechts ab. Inigo war noch immer so aufgewühlt. Er ließ die Zügel des Esels los und ließ das Tier entscheiden, in welche Richtung es weitergehen wollte. Er sagte zu sich, dass wenn der Esel dem Mann nachgeht, dann wird er ihn umbringen und wenn das Tier nach links abbiegt, dann lässt er ihn laufen. Zum Glück bog der Esel nach links ab. Danach setzte er seine Reise zum Wallfahrtsort "Unserer Frau vom Montserrat" fort. Dort beichtete er und kniete die ganze Nacht vor dem Altar. Inigo legte seine Waffen ab, ging hinaus und schenkte seine teuren Kleider einem Armen, hüllte sich in Lumpen, zog sich Sandalen an, nahm einen Wanderstock und zog weiter.
Die Erfahrung in Manresa
Er wanderte weiter Richtung Barcelona und am Fluß Cardoner, in der Nähe von Manresa, rastete er. Er fand eine Höhle als Unterschlupf und wollte dort einige Tage bleiben. Schließlich wurden zehn Monate daraus. Täglich betete er, und sonst arbeitete er in einem Krankenhaus in Manresa. Am Ufer des Flusses Cardoner geschah für Ignatius etwas ganz Eindrucksvolles. Es war eine Erleuchtung, in der er viele Dinge verstand. Diese Erleuchtung wird Vision genannt. Kurz vor seinem Tod sagte Ignatius, dass wenn er alles was er bisher in seinem Leben gelernt und verstanden hat, zusammenzählt, dann ist es immer noch weniger als das, was er am Cardoner erlebte. Dieses Ereignis prägte ihn für sein ganzes Leben. Ignatius sagte niemals genauer, worum es in der Vision ging, aber es war vielleicht eine Gotteserfahrung. Eine Erfahrung, die ihn befähigte, Gott in allen Dingen zu finden. Diese Gabe, Gott in allen Dingen zu finden, ist die eigentliche Stärke der Jesuiten. Ignatius legte in den Satzungen der Gesellschaft Jesu keine fixen Gebetszeiten fest, weil Gott zu finden in allen Dingen die ganze Zeit zum Gebet macht. Natürlich schloss er das regelmäßige Gebet nicht aus, aber er unterschied sich hier von anderen Ordensgründern. Die Absicht, das Chorgebet nicht zu beten, führte zu großen Schwierigkeiten bei der Gründung des Ordens. Das bedeutete eine Abkehr von den damaligen Gepflogenheiten der anderen Ordensgemeinschaften. Diese waren verpflichtet,das Chorgebet zu beten. Für Ignatius stellte diese Verpflichtung ein Hindernis für die Tätigkeiten des Ordens dar. Nach seinem Tode kam ein Papst, der den Jesuiten das Chorgebet aufzwang. Zum Glück zeigte der nächste Papst mehr Verständnis und hob den Zwang wieder auf. Während der Zeit in Manresa wollte es Ignatius den Heiligen nachmachen und er hielt strenge Bußübungen ab. Es ist möglich, dass er sich bei einer dieser Übungen, vielleicht beim Fasten, den Magen schädigte, denn sein ganzes Leben plagten ihn immer wieder Magenschmerzen. Er wusste noch immer nicht, was Gelassenheit und rechtes Maßhalten bedeutet. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum die Jesuiten keine vorgeschriebenen Bußübungen haben, wie sie für andere Orden der damaligen Zeit üblich waren. Als er Barcelona erreichte, nahm er dort ein Schiff nach Italien, ging nach Rom und suchte beim Papst um die Erlaubnis zur Pilgerreise in das Heilige Land an. Dort angekommen, wollte Ignatius auch bleiben, aber er wurde von den Franziskanern wieder zurückgeschickt, weil die Lage zu gefährlich war. Damals war das Heilige Land von den Türken besetzt. Ignatius wollte nicht zurück, aber als ihm die Exkommunikation angedroht wurde, reiste er doch ab.
Die Rückkehr auf die Schulbank
Ignatius war 33 Jahre alt, als er sich zum Studium entschloss. Er wollte Priester werden. Da Latein Voraussetzung war, musste er zurück nach Barcelona und lernte dort in einer Schule mit den jungen Leuten. Seinen Lebensunterhalt erbettelte er sich. Nach zwei Jahren ging er auf die Universität in Alcala. Dort brachte ihn seine religiöse Begeisterung in Schwierigkeiten. Er sammelte Studenten und Erwachsene, erklärte ihnen das Evangelium und lehrte sie beten. Das zog die Aufmerksamkeit der Inquisition auf sich, und Ignatius wurde unter Verdacht auf Häresie für 42 Tage ins Gefängnis geworfen. Nach seiner Entlassung verbot man ihm das Unterrichten. Die spanische Inquisition war willkürlich und Priester oder Nichtpriester waren verdächtig. Ignatius konnte aber nicht leben, ohne den Menschen zu helfen, und so ging er an die Universität nach Salamanca. Innerhalb von zwei Wochen warfen ihn dort die Dominikaner ins Gefängnis. Obwohl an seinen Aktivitäten und in seinen Reden nichts Häretisches gefunden werden konnte, musste er zuerst Theologie studieren. Dazu ging Ignatius nach Paris an die Universität. Dort studierte er Lateingrammatik, Literatur, Philosophie und Theologie. Jeden Sommer arbeitete er einige Monate in Flandern, um Geld für sein Studium zu verdienen. In Paris lernte er Franz Xaver und Peter Faber kennen, die seine ersten Gefährten wurden. Ignatius gab ihnen die "Geistlichen Übungen". In Paris legten sechs Männer und Ignatius die Gelübde der Keuschheit und der Armut ab. Danach wollten sie ins Heilige Land reisen. Sollte das nicht möglich sein, dann wollten sie nach Rom gehen und für den Papst arbeiten. Damals dachten sie noch nicht an die Gründung eines religiösen Ordens. Sie warteten ein Jahr auf die Überfahrt. Da aber zwischen Moslems und Christen Krieg war, fand sich keine Gelegenheit dazu. Während ihrer Wartezeiten arbeiteten sie in Spitälern und gaben Religionsunterricht in Städten Norditaliens. In dieser Zeit ließ Ignatius sich zum Priester weihen. Seine erste Messe wollte er erst in Jerusalem lesen, in dem Land, in dem Jesus einst gelebt hatte.
Die Gesellschaft Jesu
Ignatius, Peter Faber und Lainez brachen nach Rom auf. In der Kapelle bei La Storta, kurz vor Rom, hatte Ignatius wieder ein wichtiges Erlebnis. Während sie beteten, sagte Gott zu ihm, dass er ihnen in Rom beistehen würde. Der Papst freute sich über ihr großzügiges Angebot und schickte sie predigen und Religion unterrichten. In der Fastenzeit 1539 versammelten sich die Gefährten in Rom. Sie hatten ursprünglich nicht die Absicht, eine religiöse Gemeinschaft zu gründen. Als es mit der Jerusalemfahrt nichts wurde, mussten sie sich fragen, wie es weitergehen soll. Nach langen Gesprächen beschlossen sie, eine Gemeinschaft zu gründen, an deren Spitze ein Generaloberer stehen soll. Sie sollte vom Papst bestätigt werden. Dann würden sie sich dem Papst zur Verfügung stellen und dort arbeiten, wo er es für wichtig hielt. Die offizielle Bestätigung des neuen Ordens erfolgte durch Papst Paul III. am 27. September 1540. Sie sahen sich als Gefährten Jesu und wollten sich auch so nennen. Der Orden wurde bekannt als Gesellschaft Jesu, in Latein Societas Jesu mit der Abkürzung SJ. In der ersten Wahl wurde Ignatius zum Generaloberen gewählt, aber er lehnte die Wahl ab und bat die Gefährten um eine Neuwahl. Die zweite Wahl endete wieder einstimmig für Ignatius. Er wollte die Wahl immer noch nicht annehmen. Deshalb redete er mit einem Franziskaner, den er gut kannte, und der überzeugte ihn, dass Gott es so wollte. Ignatius stimmte zu. Am Karfreitag, dem 22. April 1541, legten die Gefährten der neu gegründeten Gesellschaft Jesu die Gelübde ab.
Die letzten Jahre
Ignatius liebte den Umgang mit Kindern und Erwachsenen. Er fühlte sich bei den Armen und Kranken in den Spitälern wie zu Hause. Diese Leidenschaft musste er die nächsten 15 Jahren, bis zu seinem Tod, dem Generalsamt unterordnen. Von zwei kleinen Räumen aus, einem Schlaf- und Arbeitsraum, leitete er den Orden und seine Sendung in die ganze Welt. Über Jahre bis zu seinem Tod arbeitete er an den Konstitutionen der Gesellschaft Jesu und er schriebt Tausende von Briefen an seine Leute in alle Winkel der Erde. Von seinen kleinen Räumen in Rom aus erlebte er noch, wie die Gesellschaft Jesu von acht auf tausend Mitglieder anwuchs. Es entstanden Jesuitenhäuser in ganz Europa bis hin nach Brasilien und Japan. Einige der ersten Jesuiten wurden vom Papst als Theologen zum Konzil von Trient gesandt, einem Ereignis, das eine wichtige Rolle in der Katholischen Gegenreformation spielte. Anfänglich schrieb Ignatius alle Briefe selber. Der Orden wurde größer, und die Mitglieder verstreuten sich über die Erdteile. Jetzt konnte Ignatius nicht mehr jeden Brief selber schreiben. 1547 wurde Pater Polanco sein Sekretär. Ignatius hat im Laufe seines Lebens 7000 Briefe geschrieben, den Großteil davon als Generaloberer. Er legte viel Wert darauf, dass die Jesuiten durch Briefe miteinander in Verbindung bleiben, denn sie waren über die ganze Welt verstreut. Für den Zusammenhalt und die Leitung des Ordens stellten sich viele Probleme. Deshalb schrieb Ignatius an alle Häuser des Ordens und forderte die Regionaloberen in allen Teilen der Welt auf, regelmäßig nach Rom zu schreiben und ihn über die Ereignisse zu informieren. In seinen Briefen versuchte er auf jeden einzeln einzugehen. Mit den größten Sorgenkindern war er am Geduldigsten, und mit denen, die gut unterwegs waren, ging er manchmal rau um. Vielleicht weil er wusste, dass sie seine Art verstanden und ihn mochten. Pater Lainez aus dem Kreis der ersten Jesuiten war Provinzial in Norditalien. Er unternahm einige Dinge und ging Verpflichtungen ein, die Ignatius nicht erfüllen konnte. Weiter kritisierte er öffentlich Personalentscheidungen von Ignatius. Durch seinen Sekretär Polanco schrieb Ignatius an Lainez:
"Er (Ignatius) sagte mir, ich soll Ihnen schreiben, dass Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollen, und wenn Sie sich wirklich darum kümmern würden, dann hätten sie nicht so viel Zeit, Ihre Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken. Beten Sie in dieser Sache in den nächsten drei Tagen, bis Sie damit wieder im Reinen sind. So weit, so gut, und halten Sie die Ohren steif!"
Es sprach für Lainez, dass er diesen Tadel gelassen hinnahm und dass er nötigenfalls sein Amt zurückgelegt hätte, um den miesesten Job anzunehmen, den es zu tun gab. Für Ignatius war die Sache erledigt, und er erwähnte sie nie wieder. Es ist sogar Lainez, der Ignatius als zweiter Generalobere der Gesellschaft Jesu folgt. Für Rom waren die wöchentlichen Situationsberichte aus den Regionen sehr wichtig, was aber nicht jedem Verantwortlichen einleuchtete und woran sich nicht jeder hielt. Mit Einfühlungsvermögen, um nicht die Gefühle der Vorgesetzten zu verletzen, aber doch in einem gewissen Unterton schrieb Ignatius: Es wird Sie zwar nicht sehr überraschen, aber Sie werden sich darauf einstellen müssen, dass sie von Rom aus öfter beanstandet werden, und das in entsprechender Weise. Sie täten also gut daran, uns den wöchentlichen Bericht zu schicken. Was Sie dabei beachten sollten, ist, dass, nachdem der Brief geschrieben ist, Sie jemanden finden, der ihn uns auch verlässlich überbringt. Ignatius liebte es, den Menschen etwas von Gott zu erzählen und ihnen im geistlichen Leben zu helfen. Dabei blieb er ein einfacher und praktisch veranlagter Mensch mit ausgeprägtem Gemeinschaftssinn. Ein Jesuit erzählte, dass übertrieben fromme Leute ihn ziemlich belagerten, und er wusste nicht mehr, was er tun sollte. Ignatius ließ ihm durch Polanco ausrichten, dass er zu solchen Leuten viel über die Hölle, die Verdammung und solche Sachen reden sollte. Damit wird er sie los, ohne großes Aufsehen zu erregen, und sollten sie wieder kommen, dann gäbe es noch Hoffnung. Es gab einen Bischof, der den Orden nicht mochte. Er wollte mit allen Mitteln verhindern, dass er in seiner Diözese Fuß fasste. Dabei drohte er jeden zu exkommunizieren, der die Geistlichen Übungen machte. Er war bei den Jesuiten bekannt unter dem Namen Bischof Cilicio, was soviel wie Büßer-Bischof heißt. Ignatius riet denen, die sich vor dem Bischof fürchteten, locker zu bleiben, denn Bischof Cilicio war schon ein alter Mann und die Gesellschaft Jesu war noch jung. Wir können warten.
Ignatius als Mensch
Viele sehen Ignatius als einen ernsten, strengen Mann mit eisernem Willen, einen Mann, der kaum Emotionen zeigt und der nicht besonders attraktiv oder freundlich wirkt. Manche sehen auch noch den Soldaten in ihm. Aber es ist ein oberflächliches Bild. Luis Goncalves de Camara, einer seiner Vertrautesten, schrieb: Er, Ignatius, war immer mehr zur Liebe geneigt; mehr noch, der ganze Mensch schien aus Liebe zu bestehen, und auf Grund dessen wurde er von allen geliebt. Es gab niemanden in der Gesellschaft Jesu, der ihn nicht liebte und der sich von ihm nicht geliebt wusste. Bei der Messfeier musste er so oft und so stark weinen, dass er kein Wort mehr herausbrachte und dass er sogar Angst hatte, vor lauter Tränen blind zu werden. Goncalves de Camara erzählte: "Wenn er während der Messe nicht dreimal weinte, dann kam es ihm vor, als hätte er keine Freude. Wir kennen einige große Mystiker als Heilige, aber nur selten zählen wir Ignatius zu ihnen. Wir haben von einigen Visionen und mystischen Erfahrungen aus seinem Lebens berichtet. Seine Heiligkeit gründet nicht darin, sondern viel mehr in der großen Liebe und Hingabe, die sein Leben bestimmte: A.M.D.G., alles zur Größeren Ehre Gottes."
Seine letzte Krankheit
Seit seiner Studienzeit in Paris litt Ignatius an Magenschmerzen, die ihm in Rom ständig mehr zu schaffen machten. Im Sommer 1556 wurde sein Gesundheitszustand schlechter, aber sein Arzt meinte, dass er den Sommer wie schon einige andere überstehen würde. Ignatius aber glaubte, dass das Ende nahe war. Am Nachmittag des 30. Juli bat er Polanco, zum Papst zu gehen und um den Segen zu bitten, denn sein Tod stünde kurz bevor. Polanco glaubte der Aussage des Arztes mehr und sagte zu Ignatius, dass er heute noch viele Briefe schreiben und verschicken musste. Er würde den Papst morgen um den Segen bitten. Ignatius sagte, dass ihm der Segen heute noch lieber wäre, aber er bestand nicht darauf. Kurz nach Mitternacht verschlechterte sich sein Zustand. Polanco lief in den Vatikan, um den päpstlichen Segen zu bekommen, aber es war schon zu spät. Der frühere Höfling, Ritter und Soldat, der sein Leben änderte und sich einem anderem Hof und einer anderen Art des Kampfes zuwandte, legte seine Seele in dieser Nacht für immer in die Hand Gottes. Ignatius wurde am 27. Juli 1609 seliggesprochen und am 12. März 1622 zusammen mit Franz Xaver von Papst Gregor XV heiliggesprochen. Das Ignatiusfest wird von der Kirche am 31. Juli gefeiert.
Literatur: Stefan Kiechle, Meister der Spiritualität: Ignatius von Loyola. Freiburg 2001, 9,90 Euro.