Wie denken wir vom Menschen und wie von "Begabung"?
Jeder Mensch ist durch eine persönliche Begabungslage charakterisiert: Im Zusammenspiel vieler einzelner, unterschiedlich ausgeprägter Begabungen entsteht und entfaltet sich der Mensch als Individuum.
Wir verstehen diese Begabungslage zunächst als Potential: In unserer Lebens- und Weltsicht sind Begabungen gottgewollte, persönliche Gaben, über die jeder Mensch für die Gestaltung seines Lebens verfügen soll. Eine solche Gabe kann beispielsweise eine Fähigkeit oder eine Eigenschaft sein. Das Leben wird um so erfüllter, je mehr ein Mensch die ihm gegebenen Möglichkeiten erfasst und bejaht, denn mit jeder Begabung ist die Aufgabe verbunden, diese in selbst bestimmter und zugleich sozial förderlicher Weise zu entfalten und einzusetzen. So ist der Grund und das Ziel unserer Weise der Begabungsförderung, immer mehr Menschen für andere zu werden.
Die Ausprägung und die Realisierung des individuellen Potentials werden ebenso von Anlage- wie von Umweltfaktoren bestimmt. Diese können förderlich, aber auch hemmend wirken, denn jede Begabung hat immer auch eine dynamische Komponente.
Wie denken wir vom jungen Menschen?
Kinder und Jugendliche stehen in besonderer Weise vor der Aufgabe, sich mit ihrer individuellen Begabungslage vertraut zu machen, ihre Stärken, Schwächen und Grenzen kennen zu lernen, ihre Vorlieben und Abneigungen zu erfahren und Hindernisse dort, wo es möglich ist, zu bearbeiten. Es geht darum, dem eigenen Potential anfanghaft Gestalt zu verleihen und dafür geeignete und verantwortliche Strategien und Kompetenzen auszuprobieren und zu erlernen.
Wie verstehen wir Begabungsförderung am Kolleg?
Vor diesem Hintergrund bemühen wir uns am Kolleg St. Blasien um die individuelle Begabungsförderung aller Schülerinnen und Schüler.
Im Sinne der "cura personalis" verstehen wir Begabungsförderung in der alltäglichen Arbeit von Schule und Internat als eine umfassende Entfaltungsförderung und nicht nur als Training einer speziellen oder herausragenden Fertigkeit: Jede auffällige und beachtenswerte einzelne Begabung ist immer zu betrachten als ein Bestandteil der gesamten und untrennbaren Begabungslage, die ihrerseits immer unter dem größeren Anspruch der Förderung des Gemeinwohls und der Gerechtigkeit steht.
Was bedeutet all das für die Begabungsförderung im ZiBf?
Die Begabungsförderung im ZiBf unterstützt und professionalisiert die Eröffnung unterschiedlicher Herausforderungen und Umgebungen, die eine individuelle Motivation und einen individuellen Anreiz darstellen können.
Dabei ist die Balance zwischen den Bedürfnissen des Individuums und der Verantwortung gegenüber dem sozialen Leben in der Gemeinschaft von Schule und Internat von großer Bedeutung.
Wir sind einerseits überzeugt, dass nicht jede Begabungslage ein zusätzliches Arrangement der Förderung benötigt. Wir erleben aber andererseits auch, dass es innere und äußere Konstellationen gibt, die eine eigene Betrachtung oder Bearbeitung angezeigt sein lassen.
Daraus ergeben sich gewichtige Kennzeichen der konkreten Arbeit im ZiBf:
In erster Linie beleuchten, begleiten, ermöglichen, fördern oder hinterfragen wir vielfältige individuelle Entwicklungsprozesse. Die persönliche Zuwendung und die respektvolle Unterstützung sind uns dabei entscheidende Haltungen.
Neben vielen anderen Wegen und Verfahren können auch anerkannte testdiagnostische Instrumente bei entsprechender Fragestellung zum Einsatz kommen.
Begabungsförderung umfasst für uns immer auch ausdrücklich die Arbeit an einer Reduzierung des Gewichts hemmender Faktoren, und zwar innerer wie äußerer (Konzentrations- und Wahrnehmungsstörungen, LRS ...).
Kriterien im Sinne einer Indikation für die Beratung im ZiBf und zugleich Voraussetzung für Veränderungsprozesse jeglicher Art sind subjektives Unwohlsein und persönlicher Veränderungswille.